Für alle Veranstaltungen gilt: Eintritt frei. Anmeldung erwünscht unter 02486/1770 oder per Mail an buecherei@nettersheim.de
Donnerstag, 18. April 2024,
19.30 Uhr Irmgard Becker „Als das Akkordeon schwieg“
Holzkompetenzzentrum Eifel in Nettersheim, Urftstraße 2-4 Eintritt frei
Ein abgeschiedener Ort in der Eifel: "Du musst dir eben auf die Zunge beißen, Vater, wenn die Dorf-Nazis ins Politisieren geraten. Bei denen ist keiner im Recht, der nicht auf Linie ist. Wie kannst du glauben, dass du ungeschoren davonkommst, wenn du Hitler öffentlich einen dahergelaufenen österreichischen Schreihals nennst?" Eifelbauer Herrmann Kirschner lässt sich am Neujahrstag 1940 dazu hinreißen, lautstark und abfällig über den Führer zu schimpfen. Die Eifeler Autorin Irmgard Becker, bekannt für ihre Märchenerzählungen, schrieb als Romandebut einen Familienroman. Letzte Zeitzeug:innen eines Eifeler Dorfes gaben ihr authentische Erzählungen an die Hand. So entstand ein mitfühlender und gleichzeitig packend zu lesender Roman. Wegen „Führerverunglimpfung“ wird der Witwer und alleinerziehende Landwirt Herrmann Kirschner zur Strafe und Abschreckung eingezogen und an die russische Front geschickt. Seine 23 und 21 Jahre alten Töchter müssen den Hof daraufhin allein bewirtschaften. Eine schier unmögliche Aufgabe. Als ihnen ein polnischer Kriegsgefangener als Hilfe zugewiesen wird, verliebt sich die jüngere, körperlich behinderte Tochter und wird schwanger; ein Verbrechen nach dem Gesetz zur Rassenschande. Beide werden verurteilt, Johanna zu zwei Jahren Straflager; die grausamen Vorgänge im Straflager bilden den Schwerpunkt der Geschichte; der polnische Zwangsarbeiter Maciej wird zum Tode verurteilt; das Todesurteil wird von den Dorf-Nazis noch am Tag seiner Verkündigung vollstreckt. Nachgezeichnete Jahre zwischen Liebe, Martyrium und Hoffnung, recherchiert im Eifeler Geburtsort „Buschrath“ der Autorin Irmgard Becker und erzählt zum Schutz noch Lebender als Roman. Das ist „Als das Akkordeon schwieg“.
Sonntag, 28. April 2024,
16.00 Uhr Andreas Züll „Wehrunwürdig“ Vortrag. Eine biographische Skizze zur SS-Sonderformation Dirlewanger
Holzkompetenzzentrum Eifel in Nettersheim, Urftstraße 2-4 Eintritt frei
Carlhans Jung
In der Friedhofskapelle in Euskirchen ist eine Gedenktafel für die Gefallenen der Weltkriege angebracht. In der Vielzahl der Namen ist ein Karl Johannes Jung aufgeführt, der im Januar 1944 gestorben ist. Er ist quasi untergetaucht im Millionenheer der Gefallenen. Der Autor Andreas Züll hat ihn aus der Anonymität der Masse herausgeholt und ihm eine Biographie und ein Profil gegeben. Er zeichnet den glücklosen Lebensweg von Carlhans Jung nach, der über die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges und danach durch die nationalsozialistischen Zuchthäuser und Konzentrationslager führt, bevor er schließlich in die Mörderbande Dirlewanger mündet und auf dem Kriegsschauplatz an der Ostfront im Jahr 1944 endet. Andreas Züll skizziert die Biographie dieses 'Dirlewangers' und setzt dessen persönliches Schicksal in den großen historischen Kontext eines monströsen Zivilisationsbruchs.
Sonntag, 12. Mai 2024,
16.00 Uhr Marzellus Boos „Russenlager“
Holzkompetenzzentrum Eifel in Nettersheim, Urftstraße 2-4 Eintritt frei
Marzellus Boos stellt seine Nachforschungen zum „Russenlager“ bei Hallschlag vor und trägt Auszüge aus seinen Aufzeichnungen dazu vor. Es geht in seiner Geschichte um das Kriegsgefangenenlager zwischen den Ortschaften Hallschlag und Ormont. Der Text will der kollektiven Verdrängung eines traurigen Kapitels Eifeler Geschichte entgegenwirken, damit aus Verdrängen nicht Vergessen wird. Marzellus Boos, geboren 1955 in Prüm, wohnhaft in Nettersheim Marmagen. Boos schreibt über Eifelthemen, Bienen, Natur und Geschichte.
Sonntag, 19. Mai 2024,
16.00 Uhr Mira Moroz „Ohne Krieg wäre ich nicht“
Holzkompetenzzentrum Eifel in Nettersheim, Urftstraße 2-4 Eintritt frei
Ohne eine verbotene Liebe, die nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen mit der Todesstrafe bedroht war, hätte es eine bunte und große Familie gar nicht gegeben. Mira Moroz, in Polen geboren und in Freiligen aufgewachsen, ist die Enkelin eines polnischen Zwangsarbeiters und einer damals jungen Eiflerin, die sich im nationalsozialistischen Deutschen Reich während des Weltkriegs kennen und lieben gelernt hatten. In der Ausstellung „Zwangsarbeit im Kreis Euskirchen“ wird die berührende und dramatische Lebensgeschichte der Familie Moroz aufgegriffen.
Miras Opa Marian war nach Kriegsbeginn als Zwangsarbeiter in die Eifel deportiert worden, um – wie überall – die fehlende Arbeitskraft der jungen Männer zu ersetzen, die sich an der Front befanden. Opa Marian hatte in der Schule die deutsche Sprache erlernt und konnte sich in der Eifel bestens verständigen. In Freiligen verliebten sich die 17jährige Katharina und Marian ineinander und Anfang 1942 wurde Miras Tante Elisabeth geboren. Den eindringlichen Verhören der Gestapo hielt Katharina beharrlich stand und schob eine flüchtige Beziehung mit einem namenlosen Wehrmachtssoldaten vor, die Rettung für Marian.
Zeitsprung: Kurz vor der Wende 1988 floh die Familie aus Polen nach Deutschland, in ein aufgewühltes Land, in dem rassistischer Terror von Rechtsradikalen und Neonazis wieder auflebte. Rostock-Lichtenhagen, Solingen, Mölln und anderswo verängstigten Migranten und Demokraten zutiefst. Und nun 2024 verbreitet sich rechtsextremistisches Gedankengut bis in die bürgerliche Mitte…